Erst feierte sie im Club, dann jobbte sie im Keller, entwickelte ein echtes Faible für den Ort. Als sich im September die Möglichkeit ergab, den Dreikönigskeller zu übernehmen, griff Conny Sabais zu.
Detlef Kinsler /
Der Gast staunte nicht schlecht, kam die steilen Stufen ins Gewölbe herunter, sah das Knallrot der Wände, das im schummrigen Licht wie edles Burgunder aussieht, dann den verspielten Glasperlenvorhang links vorm DJ-Pult und den Glitzervorhang mit Lamettaoptik am hinteren Ende des gerade mal 45 Quadratmeter großen Raumes als Bühnenhintergrund. Da sollten gleich Frankfurts neue Publikumslieblinge The Highest Primzahl On Mars spielten. Der Gast steuerte die Theke mit den silber schimmernden Totenköpfen an der Zapfanlage an. Er wollte eine Platte übergeben und sich mit seiner Band für einen Auftritt im Dreikönigskeller (DKK) bewerben. „Er war aus Wien gekommen“, erzählte Conny Sabais hinterher ehrlich überrascht.
Sie hat den kultigen Club im September zur Pacht übernommen und das ziemlich geräuschlos, ohne darüber öffentlich große Worte zu verlieren. Für sie galt es erst einmal, den Tresen, die Zapf- und Spülanlagen zu erneuern, Schritt für Schritt. Ambitionen, das Ambiente zu verändern, hatte sie nicht. Denn die, die den DKK kennen, lieben ihn, wie er ist. Auch ihr Vorgänger, Niko Collischonn, der das Lokal durch die Pandemie manövrierte, und der nicht nur für das Stammpublikum untrennbar mit dem Keller verbunden ist, blieb an Bord. „Niko gehört hier dazu“, heißt es dazu lapidar. So weit, so klar.
„Wenn du zu spät gekommen bist, dann hast du oben am Treppenabsatz gestanden“
Wie aber macht man potenziellen Besuchern, die bis dato noch nicht den Weg in die Färberstraße 71 im Schatten der Dreikönigskirche unweit des Eisernen Stegs gefunden haben, den Dreikönigskeller schmackhaft? „Als Livemusikkellerklub, der so eine Speakeasy-Atmosphäre und etwas ,Heimliches’ hat“, bietet Sabais an. „Man hat schon das Gefühl, man entdeckt etwas Besonderes.“ Vor zwanzig Jahren kam die neue Geschäftsführerin aus der Nähe von Kehl am Rhein zum Studieren an den Main. Die „Wildcat Night“ lockte sie regelmäßig nach Sachsenhausen. „Das war eine Rockabilly-Veranstaltung, die war immer voll. Wenn du zu spät gekommen bist, dann hast du oben am Treppenabsatz gestanden“, erinnert sich Sabais.
Das war zu der Zeit, als Jesse Kaya, der später auch das Orange Peel bespielte, den DKK vom Gründer Alexander Bardoff übernommen hatte, den es in eine Geisterstadt in West Texas verschlagen hatte. Kaya richtete als Riesenfan des Kings of Rock ’n’ Roll einen Elvis-Schrein ein, wo immer Kerzen brennen mussten. Kaya nannte den Keller liebevoll eine „Räuberhöhle“. Für ihn ein Adelsprädikat. Auch er war – eine schöne Koinzidenz – wie Sabais Stammgast, bevor er das Ruder übernahm. Das signalisiert echte Passion.
Geöffnet ist der DKK immer freitags und samstags und zu Veranstaltungen. Das können Clubabende sein, etwa „A Vinyl Affair“ für Ska-, Rocksteady- und Northern Soul-Liebhaber. „Das passt gut in unseren Keller“, sagt Sabais und schiebt sofort hinterher. „Aber wir haben auch schon mal einen Salsa-Abend gemacht.“ Sie gibt sich stilistisch offen. Es muss stimmig sein. Was die Konzerte betrifft, kann sich die Chefin gleich am 11. April einen ganz persönlichen Wunsch erfüllen. Sie hat die Freeborn Brothers eingeladen.
Angekündigt wird das polnische Quintett mit Banjo, Akkordeon, Trompete und Posaune zum E-Bass als Gypsy-Hobo-Trash-Grass-Orchestra. Für sich selbst machen sie Werbung mit folgenden Worten: „Dies ist eine der lebendigsten Bands in der Szene im Moment, es ist ein musikalisches Chaos, eine verrückte Achterbahn von Musik und Theater, die Sie in einem Zustand von Euphorie und Erschöpfung zurücklassen wird.“ Die Band wurde 2013 als Duo von Nikodem Soszynski und Mateusz Plesniak in Rzeszow, Polen gegründet, tourte durch ganz Europa und Südamerika und wuchs zu einer dreiköpfigen und später zu einer fünfköpfigen Band heran. In diesen Jahren hat die Band ihren einzigartigen Sound und ihre Energie entwickelt, die durch keinen anderen Live-Act auf dem Planeten Erde ersetzt werden kann.
Wie geht es im Frankfurter Dreikönigskeller weiter?
Weitere Pläne gilt es sukzessiv anzugehen. Man denkt daran, das sogenannte Kaminzimmer im Erdgeschoss mit einer zweiten Bar und auch den Außenbereich miteinzubeziehen, vielleicht sogar den Kirchvorplatz nach dessen Instandsetzung. Hier hat Sabais ihre eigene Hochzeit gefeiert. Natürlich kann man den Keller auch weiterhin für geschlossene Gesellschaften als Event-Location mieten. Aber noch trifft man sich drinnen. Aber wieviel Stufen sind es denn hinab ins Gewölbe? „Ich habe sie noch nie gezählt“, weiß Sabais keine Antwort. „Ich kann es dann ja in Deinem Artikel nachlesen.“ Es sind tatsächlich nur vierzehn, liebe Conny.
Info Freeborn Brothers, Ffm, Dreikönigskeller, 11. April, 20 Uhr, Eintritt: keine Angabe, mehr Infos hier
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.